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Kulturtransfer

Wie fast alles, was uns vertraut ist, eigentlich einen Migrationshintergrund hat

Der spitze Hut der Magier im Märchen, zu „Halloween“ oder bei „Harry Potter“ diente im Mittelalter dazu, Juden zu kennzeichnen. Das Wort „Tabu“, das in unserer Psychologie kaum mehr wegzudenken ist, brachte James Cook aus der Südsee mit. Der Name des Online-Händlers „Amazon” geht zurück auf den eines südamerikanischen Flusses – und dieser wiederum auf die Legenden von einem zentralasiatischen Frauenvolk. Das @-Zeichen der Cybemoderne bezeichnete eine spanische Masseinheit im 16. Jahrhundert. Fast alles, was uns vertraut ist, hat einen (bisweilen abenteuerlichen) Migrationshintergrund. Was Fundamentalist:innen für „ureigen“ halten, ist eigentlich fremd, was wir „Kultur“ nennen, ist immer auch das Ergebnis von „Transfer“. Objekte, Symbole, Ideen und Begriffe wandern und verändern dabei ihre Bedeutungen. Im für eine nicht-akademische Leserschaft anschlussfähigen Buchprojekt KulturTransfer wird eine Sammlung von reisenden Objekten aus den unterschiedlichsten Bereichen in Vergangenheit wie Gegenwart erstellt (Worte, Symbole, Praxen, Gesten, Standarts, Nahrungsmittel und Pflanzen, Musik, Motive, Stilmittel, Drogen, Menschen, Figuren, Techniken, Technologien etc.), um deren Transferbedingungen von einem Kontext (regional, sozial, kulturell, politisch) in einen anderen nachzuzeichnen.

project leaders​

Oliver Lubrich

Oliver Lubrich

Ordentliche Professur für Neuere deutsche Literatur und Komparatistik

Raoul Schrott

Raoul Schrott

Literaturwissenschaftler, Komparatist und Schriftsteller

Mike Toggweiler

Mike Toggweiler

Koordinator und Herausgeber
Graduate School of the Arts and Humanities, Walter Benjamin Kolleg, Universität Bern.

news & events

Tabu, Kultur, Amazon @ Kulturtransfer Migrationshintergrund

Wie fast alles, was uns vertraut ist, einen Migrationshintergrund hat

Das Wort „Tabu“, das bei Sigmund Freud Prominenz erhalten sollte und nicht mehr aus unserem Alltagswortschatz wegzudenken ist, brachte James Cook aus der Südsee mit. „Amok” bezeichnete die legendäre militärische Kampfeswut malayischer Elitekämpfer. Das Hakenkreuz – ein deutsches Fanal des Hasses – geht auf ein indisches Symbol des Glücks zurück, die Sintflut der hebräi­schen Bibel auf eine assyrische Erzählung und der Name des Online-Händlers „Amazon” auf den eines südamerikanischen Flusses – und dieser wiederum auf die Legenden von einem zentralasiatischen Frauenvolk. Das @-Zeichen der Cybemoderne bezeichnete eine iberische Masseinheit im 16. Jahrhundert. Der spitze Hut als Accessoire von Zauberern in bei Harry Potter begann als Kennzeichen für Fremde im griechischen Altertum und wurde dann zu einem Stigma von Juden im Mittelalter. Fast alles, was uns vertraut ist, stellt sich, wenn wir es genauer betrachten, als Ergebnis (bisweilen überraschender) Transfers heraus. Wenn Zeichen, Konzepte, Praktiken und Gegenstände wandern und sich verändern, stellen sie die essentialistische Vorstellung in Frage, Kulturen seien in sich gleichförmige und nach außen ab­geschlossene Größen, die jeweils selbständig funktionieren und ein­deutig bestimmt werden können. Der Schweizer Nationalheld, Wilhelm Tell, ist ein skandinavischer Mythos, den ein deutscher Schriftsteller dramatisierte. Das Bild der Germanen wiederum entwarf ein römischer Historiker. Was wir „Kultur“ nennen,

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